Der Titel von Sport & Marke in Wien lautet "Der Sport in der Krise – wer rettet ihn?" Wie ist das Team darauf gekommen und was sind aktuell die größten Herausforderungen?
Der Titel reflektiert die aktuelle Unsicherheit im österreichischen Sport. Nach monatelanger Regierungsbildung steht nicht fest, welche finanziellen Einschnitte den Sport treffen könnten. Die Bundesregierung plant, bis 2028 rund 18 Milliarden Euro einzusparen – ob der Sport verschont bleibt, ist fraglich. Gleichzeitig verändern sich die Machtverhältnisse: Social Media gibt Athleten mehr Eigenvermarktungspotenzial, während klassische Verbände an Einfluss verlieren. Sponsoring, lange eine verlässliche Einnahmequelle, steht unter Druck. Während sich etablierte Marken zurückhalten, drängen neue Player wie Tech-Start-ups in den Markt. Der Kongress adressiert genau diese Herausforderungen und sucht nach Lösungen.
Welche Lösungen sind vorstellbar, welche Cases werden vorgestellt, damit der Sport auch in der Breite ins Marketing-Paket mitaufgenommen wird?
Lösungen gibt es einige, und der Kongress zeigt viele Best Practices, wie es gehen kann. Die Zukunft des Sportmarketings liegt in datengetriebenen, performanceorientierten Konzepten. Hendrik Fischer von ONE8Y wird am Kongress aufzeigen, welche KPIs Sponsoring heute entscheidend machen. Unternehmen wie Lidl, Gösser und Mastercard präsentieren Best Practices zur Markenaktivierung. Parallel dazu nutzen Bitpanda und Waterdrop Sponsoring strategisch für globales Wachstum. Ihre Investitionen in Premium-Sportrechte zeigen, dass neue Märkte erschlossen werden können, wenn Sportmarketing gezielt eingesetzt wird. Auch die Digitalisierung spielt eine Rolle: Virtual Sports Plattformen und KI-gestützte Fan-Engagement-Lösungen steigern die Reichweite und Attraktivität für Sponsoren.
Welche Impulse kann die Politik geben?
Da gibt es mehrere Hebel. Ein großes Thema ist die Finanzierung durch die Österreichischen Lotterien. Die Sportförderung über das Glückspielgesetzt ist aktuell mit mindestens 180 Millionen Euro pro Jahr definiert – jede Kürzung hätte gravierende Folgen. Sie sind eine zentrale Stütze des Sports. Wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, kann das zu einem Problem werden.
Wie wirken sich auf der einen Seite sinkende und andernorts wiederum steigende Sponsoringsbudgets (neuer Brands) aus?
Die klassischen Sponsoringbudgets stehen unter Druck, große Marken agieren vorsichtiger, weil die wirtschaftliche Lage unsicher ist. Dafür steigen die Investitionen neuer Brands, vor allem aus der Tech- und Start-up-Welt. Firmen wie Bitpanda oder Waterdrop setzen gezielt auf Sportsponsoring, aber sie verfolgen eine andere Strategie als traditionelle Sponsoren. Sie sind sehr performancegetrieben, messen genau, welche Werbeinvestition sich lohnt. Das ist Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite bringen sie frischen Wind und neue Möglichkeiten, auf der anderen Seite sind sie nicht an langfristige Engagements gebunden. Während große Events und Premium-Formate noch von diesem Wandel profitieren, könnte der Breitensport unter Druck geraten. Wenn klassische Sponsoren abspringen und die neuen Marken nur punktuell investieren, entstehen Finanzierungslücken. Das wird eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre sein.
Welche weiteren Themen sind rund um den Sport aktuell virulent (Vorstellung von Investoren, Tourismus etc.)?
Es gibt mehrere heiße Themen. Investoren im Sport sind ein riesiges Thema – immer mehr Geldgeber entdecken den Sport als Geschäftsfeld, aber die Frage ist: Zu welchem Preis? Besonders im Fußball gibt es heftige Diskussionen darüber, ob Investoren die Identität von Clubs zerstören oder sie wirtschaftlich absichern. Auch Tourismus bleibt ein großes Thema. Sportevents sind ein enormer Wirtschaftsfaktor, aber die Zusammenarbeit zwischen Sport und Tourismusbranche kann noch besser werden. Genau dazu gibt es auf dem Kongress ein eigenes Forum. Und dann ist da noch die Digitalisierung. Künstliche Intelligenz, Virtual Sports Plattformen, Smart Stadiums – das verändert gerade alles. Gleichzeitig wird Nachhaltigkeit immer wichtiger, von grünen Stadien bis hin zu ressourcenschonenden Events.
Und zu guter Letzt: Ethik im Sport. Finanzinvestoren, kontroverse Sponsoren, Kommerzialisierung – wo liegt die Grenze zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und den Werten des Sports? Das wird intensiv diskutiert. Der Kongress ist also nicht nur eine Plattform für Lösungsansätze, sondern auch ein Ort, an dem die wirklich großen Fragen gestellt werden.